Monday 19 July 2010

Französische Bereicherung

Heute-Sendung im ZDF. Wie immer ein Leckerbissen, wenn von Ereignissen berichtet sind, in denen es um Leute geht, deren Herkunft nicht genannt werden darf.
Worum geht es? In Frankreich rumort es wieder. Szenen, wie sie gelegentlich mal die Medien bereichern. Brennende Autos, Krawalle, Schüsse auf Polizisten.
Wie hat es begonnen? Polizisten haben zwei Räuber gestellt, die in Casino überfallen haben. Nach Darstellung der Polizei schossen die Banditen zuerst. Die Polizei schießt zurück. Einer der beiden, Karim B., wird tödlich getroffen. Die Folge - siehe oben.
Und jetzt kommt der erste Leckerbissen aus der ZDF-Küche: Der erschossene Räuber soll "angeblich" mehrfach vorbestraft sein. Das Wörtchen "angeblich" muss man sich auf der Zunge zergehen lassen! "Angeblich" bedeutet soviel wie, dass die Information nicht völlig vertrauenswürdig ist, womöglich auf Gerüchten basiert. Woher haben die ZDF-Leute ihre Informationen? Aus der Umgebung der Kriminellen? Dann ist die Verwendung von "angeblich" gerechtfertigt. Aber eigentlich sollte man von professionellen Reportern, die das ZDF ja hoffentlich besitzt, erwarten, dass sie nur die besten Quellen zu Rate ziehen. Und die besten Quelle ist in diesem Fall das Strafregister der Polizei. Also traut man dem Strafregister nicht? Seltsam.
Aber nehmen wir mal an, die Polizei wollte keine Auskunft erteilen. Also bleibt nur die Befragung des Umfeldes und ein wenig Nachdenken. Ok, Journalisten werden nicht fürs Nachdenken bezahlt. Nehmen wir mal an, der inzwischen tote Knabe habe überhaupt nichts auf dem Kerbholz, und just bei seinem ersten Reality-Abenteuer unterläuft ihm dieses Missgeschick. Schwer zu glauben, dass ein jungfräulicher Täter gleich so kaltblütig zur Waffe greift.
Nachdem wir also nicht wissen, wie es um das Strafregister des Getöteten steht, bleibt nur ein Fazit: Die Verwendung des Wortes "angeblich" ist ein Weichspüler für einen Kriminellen, der der Polizei zum Opfer gefallen ist.
Aber es gibt noch einen zweiten Leckerbissen in dieser Sendung. Zwar Standard, aber trotzdem immer wieder erste Sahne: die Jugendlichen jener Stadtviertel, die so tatkräftig randalieren, sind ja gar nicht so schlimm, wie es die brennenden Autos, die angeschossenen Polizisten und die eingeschüchterten Bewohner (ja, auch solche gibt es) suggerieren: schließlich werden sie von der französischen Gesellschaft "ausgegrenzt". Die Ärmsten! Schlage vor, dass jeder ZDF-Mitarbeiter einen dieser "Ausgegrenzen" bei sich aufnimmt und ihn bei sich "eingrenzt". Das wäre schon mal ein erster Schritt. Und dann sehen wir weiter.

Thursday 8 July 2010

Selber schuld

Da haben wir´s wieder: hätten die Norweger bloß keine Soldaten in Afghanistan stationiert und hätten norwegische Zeitungen nicht die Frechheit besessen, die gottlosen Mohammed-Karikaturen nachzudrucken, dann, ja dann, würde kein Islamist auf die Idee kommen, einen Anschlag in Norwegen zu verüben. Das steht, nicht in diesen klaren Worten, aber doch inhaltsgemäß im aktuellen Spiegel-Online.

Überhaupt ist die Art und Weise, wie über diese Geschichte in den Medien berichtet wird, noch wesentlich interessanter als der dahinterstehende Terrorplot. Der Spiegel spricht nicht explizit von Islamisten (wahrscheinlich kann man das Wort Islam im Verbindung mit terroristischen Taten schon gar nicht mehr hören). Dennoch drängt sich, wenn man derartige Meldungen öfter gelesen hat, der Verdacht auf, dass die Täter im islamischen Umfeld zu suchen sein müssen. Natürlich muss dieser Eindruck so weit wie möglich vermeiden werden, wahrscheinlich damit die Leute bloß nichts Falsches denken.

Noch einen Zahn neutraler war die Berichterstattung in der Heute-Sendung des ZDF. Dort war grundsätzlich nur von Männern aus Norwegen und Deutschland die Rede. Auch gut. Trotzdem gilt es hier zu protestieren. Diese Art der Berichterstattung ist schlicht und einfach sexistisch: Es ist einfach nicht hinnehmbar, von Männern zu sprechen! Man hätte besser von Personen gesprochen!